Die meisten Eltern fühlen sich in der ersten Zeit mit ihrem Frühchen hilflos. Denn sie können sich nicht so um ihr Neugeborenes kümmern, wie sie es gern tun würden. Stattdessen übernehmen Ärzte, Pfleger und Apparaturen die Kontrolle. Eltern fragen sich in dieser Situation: Was können wir tun, um unserem Baby das alles irgendwie erträglicher zu machen? Wir haben hier viele wertvolle und praktische Tipps zusammengestellt, wie Eltern ihrem Frühchen effektiv helfen können.
Das Känguruhen
Das sogenannte „Känguruhen“ ist eine Methode, die darauf abzielt, die Bindung zwischen Eltern und frühgeborenem Kind aufbauen zu helfen. Dabei wird das Baby nackt – bis auf die Windel bekleidet – für mindestens 1 Stunde auf die nackte Brust von Mutter oder Vater gelegt. Die Wärme, die Nähe und die Berührungen lassen beim Neugeborenen ein tiefes Gefühl der Geborgenheit entstehen. Studien zufolge entwickeln sich Frühgeborene besser als jene, bei denen diese Methode nicht zum Einsatz kommt.
Abgeschaut hat man sich das Konzept bei den Kängurus. Denn bei ihnen kommen die Jungen ebenfalls sehr früh und unreif auf die Welt. Dafür finden sie gleich nach der Geburt Schutz und Körperwärme im Beutel der Känguru-Mutter. Darin verbringen sie die Zeit, bis sie groß genug für ihre eigenen Sprünge sind. Die Vorteile des Känguruhens sind:
- Verbesserung der mütterlichen Bindung zum Kind
- Sanfte Vorbereitung auf das Stillen
- Unterbrechung des Gefühls der Hilflosigkeit bei den Eltern (Förderung des Selbstvertrauens durch Übernehmen von Verantwortung)
- Ruhe und gemeinsame Zeit ermöglichen Erholung vom Schock der frühen Geburt
- Babys schlafen besser
- Babys schreien seltener
- Frühgeborene entwickeln sich schneller
- Mütter stillen länger und häufiger
- Mütter können besser mit der schwierigen Situation umgehen (sind optimistischer, zufriedener und gelassener)
- Mütter können besser auf das Kind eingehen (besseres Selbstbewusstsein im Umgang mit dem Kind)
- Mütter sind glücklich, dem Bedürfnis des Babys nach Nähe nachkommen zu können
Während des Känguruhens sollten keine medizinischen Behandlungen erfolgen, damit das Kind das Liegen auf der Brust der Eltern nicht mit etwas Negativem verbindet. Es sollte währenddessen in Ruhe die Nähe der Eltern genießen können.
Berührungen sind essenziell für das Frühgeborene
Auch wenn die Frühgeborenen verstörend zart aussehen, dürfen Eltern ihr Kind berühren. Die Kleinen können etwas festere Berührungen sogar besser wahrnehmen als zu zaghafte Streichelversuche. Zu Beginn reicht es aus, die Hände einfach auf den Kopf und den Rücken des Babys zu legen. Dann kann sich das Frühchen an den neuen Berührungsreiz gewöhnen. Frühchen mögen es besonders, gleichzeitig an Kopf, Becken und den Füßen festgehalten zu werden. Gegen das Gefühl von Einsamkeit hilft den Kleinen auch, wenn die Eltern einen Finger in deren Hand legen. Das Wohlgefühl wird zusätzlich verstärkt, wenn das Baby von einem Tuch bedeckt ist.
Pucken simuliert das wohlige Engegefühl im Bauch der Mutter
Babys und vor allem Frühgeborene lieben es, gepuckt zu werden. Dabei wird das Kind in ein Tuch gelegt, das sehr eng gebunden ist. Auf die Art spürt es deutlich die Begrenzung von allen Seiten. Diese angenehme Enge erinnert das Kleine an seinen Aufenthalt im Bauch der Mutter. Dadurch fühlt es sich sehr wohl und sicher. Folglich kann sich ein Frühgeborenes beim Pucken gut beruhigen und entspannen.
Mit dem Frühchen sprechen
Da der Hörsinn bei den Frühgeborenen schon entwickelt ist, sollten Eltern mit dem Kind sprechen. Leises Zureden, das Vorsingen eines Schlaflieds oder das Erzählen von aktuellen Ereignissen – das alles hilft dem kleinen Menschen. Es ist weniger gestresst und ruhiger, wenn es die vertraute Stimme seiner Mutter oder seines Vaters hört. Denn es kennt sie schon von vor der Geburt. Zwischendurch kann die Mutter oder der Vater bei einem älteren Frühchen immer mal wieder Augenkontakt aufnehmen, auch wenn es noch nicht so gut sehen kann.
Den Saugreflex des Frühchens stärken
Frühgeborene haben noch Probleme mit dem Saugreflex. Da nun außerhalb des Körpers die Schwerkraft wirkt, schaffen sie es nicht mehr, an ihren Finger zu gelangen. Diese Vorübung ist aber wichtig, um „draußen“ an der Brust saugen zu können. Die gute Nachricht: Eltern können diesen Reflex mit ihrem Kind üben. Dazu berührt man das Baby mit einem Finger am Mund. Nach und nach wird das Kind versuchen, daran zu saugen. Irgendwann ist es kräftig genug, um an der mütterlichen Brust oder von der Flasche zu trinken. Ein Frühgeborenen-Schnuller ist laut Studien ebenfalls hilfreich, um das Saugen zu üben und schneller zum Stillen oder zur Flasche überzugehen. Eltern können diesen zwischendurch immer wieder anbieten.
Frühchen durch Bewegung stärken
Eltern können auch versuchen, ihr Frühgeborenes – soweit es seine Entwicklung zulässt – zur Bewegung zu motivieren. So ist es möglich, dem Frühchen mit einem geeigneten Kissen ein Nest zu bauen, sodass es beispielsweise an seinen Fingern saugen oder sich in einer einfachen Form bewegen kann. Zum Beispiel mögen es auch schon die Frühchen, sich mit ihren Beinen gegen etwas zu stemmen, um so ihre Motorik zu stärken. Natürlich ist hier Vorsicht geboten und entsprechendes Feingefühl gefragt. Eltern fragen am besten das Klinikpersonal, welche Positionen für das Frühchen besonders bewegungsmotivierend sind.
Das Frühchen braucht Pausen
Neben Anregung und zärtlicher Berührungen sind auch Pausen wichtig für das Frühgeborene. Schließlich muss es die neuen Reize verarbeiten und braucht viel Energie für seine Reifung. Hier können Eltern auf die Signale des Babys schauen. Ist das Baby müde, dann erkennt man das gewöhnlich an seiner Körpersprache. Dann sollte ihm die Möglichkeit gegeben werden, sich von den Eindrücken zu erholen.
Das Stillen
In der 32. Bis 36. Schwangerschaftswoche schaffen es Frühchen dann meist, das erste Mal von der Brust zu trinken. Mit dem Stillen bauen Mutter und Kind ein enges Band auf, das beide allmählich miteinander verbindet. Die Mutter gibt ihrem Kind die Nahrung, die es zum Entwickeln und Wachsen braucht. Mehr kann man nicht für das Wohlergehen eines jungen Menschen tun. Nun fühlt sich die Mutter eines Frühchens auch nicht mehr hilflos. Endlich kann sie ihrem Nachwuchs das geben, was sie möchte und was es braucht. Wenn das Kleine noch nicht in der Lage ist, selbst an der Brust zu trinken, kann die Mutter die Milch abpumpen. So erhält das Baby diese wertvolle Nahrung eben über einen Umweg.
Stimme von Mutter und Vater aufnehmen
Eltern können ihrem Frühchen helfen, indem sie etwas auf Band sprechen. So kann es deren Stimme auch dann hören, wenn die Eltern abwesend sind. Das hat erwiesenermaßen einen positiven Effekt auf das Wohlbefinden und die Reifung des Babys. Denn die Stimmen von Mutter und Vater sind dem Frühgeborenen aus der Zeit im Bauch vertraut. Hört das Kind nun die elterlichen Stimmen – auch wenn sie nur vom Band kommen – fühlt es sich weniger einsam. Sie vermitteln dem Frühgeborenen das Gefühl von Geborgenheit und Nähe. Auch für die Eltern ist es schön zu wissen, dass sie etwas für ihr Kind tun können. Eltern können die Pflegekräfte fragen, ob sie das Diktiergerät zu bestimmten Zeiten in den Inkubator des Babys legen können.
Musik fördert Entwicklung des Frühchens
Auch das Abspielen von ruhiger Musik soll Frühgeborenen bei ihrer Entwicklung helfen. Besonders geeignet ist hier kindgerechte klassische Musik. Aber auch ruhige Kinderlieder mit Gitarrenbegleitung und Schlaflieder haben sich bewährt. Vielleicht wählen Eltern sogar Musik aus, die das Kind schon von vor der Geburt kennt. Womöglich hat das Kind im Bauch schon eine bestimmte Melodie von einer Spieluhr zu hören bekommen. Dann können Eltern auf der Frühchenstation fragen, ob die Spieluhr dableiben darf. Auch Entspannungsmusik mit Naturgeräuschen soll den Kleinen guttun. Besonders schön: Die Mutter nimmt selbstgesungene Lieder auf Band auf. Das Baby wird sich freuen, den Gesang der Mutter zu hören.
In Studien fand man heraus, dass Frühchen, die regelmäßig entspannte Musik hörten, ruhiger waren und auch schneller an Gewicht zulegten als die anderen Frühchen. Außerdem konnten die Musik-Babys früher aus der Klinik entlassen werden als Frühchen, die keine Musik zu hören bekamen.
Geruch der Eltern fördert Wohlbefinden der Frühchen
Manche Eltern hinterlassen ihrem Nachwuchs auch ein getragenes T-Shirt oder etwas anderes, an dem ihr Geruch haftet. Denn der Geruchssinn ist bei Frühchen schon voll entwickelt. So können die Babys den Duft von Mama oder Papa wahrnehmen und sich so besser entspannen.