Grenzen setzen oder lieber alles durchgehen lassen? Erziehung scheint heute schwerer denn je. Denn die Meinungen darüber, wie man ein Kind richtig erzieht, gehen in der Gesellschaft stark auseinander. Benimmt sich das eigene Kind mal daneben, richten sich sämtliche Blicke auf die Mutter. Wie wird sie reagieren? Schmunzelnd oder schimpfend? Das schlechte Gewissen nagt so oder so an ihr: Setzt sie ihrem tobsüchtigen Kind klare Grenzen, gilt sie vielen als zu streng. Lässt sie es gewähren, zieht sie sich in anderen Augen einen rücksichtslosen Tyrannen heran. Welchen Erziehungsstil hältst Du für angemessen? Welche Alternativen gibt es? Und welcher Erziehungsstil ist am besten für Dein Kind?
Erziehungsstile Definition
Als Erziehungsstil bezeichnet man ein wiederkehrendes Verhaltensmuster, das eine erziehende Person bei einem Kind anwendet. Es gibt verschiedene Erziehungsstile, die Erziehende einsetzen können. Die Wahl des Erziehungsstils hängt davon ab, welches Bild diese von einem Kind haben. Häufig wird in der Praxis aber nicht nur ein Führungsstil verfolgt. Vielmehr werden Elemente verschiedener Stile miteinander kombiniert. Dennoch gibt es in der Regel eine Grundtendenz, nach welchem Konzept ein Kind erzogen wird.
Welche Erziehungsstile gibt es?
Erziehungsstile nach Lewin
In der Forschung unterscheidet man verschiedene Erziehungsstile. Einer der Pioniere auf dem Feld der Erziehungsstilforschung war der deutsch-amerikanische Psychologe Kurt Lewin. Er unterschied in seiner Theorie aus den 1930er Jahren 3 Erziehungsstile:
- den autoritären Erziehungsstil
- den demokratischen Führungsstil
- den Laissez-faire Erziehungsstil
Der autoritäre Erziehungsstil nach Kurt Lewin
Dieser Erziehungsstil ist geprägt von einem großen Hierarchiegefälle zwischen Erziehendem und Kind. Die Erziehung beruht hier auf strengen Prinzipien wie Macht, Gehorsam und Bestrafung bei unangemessenen Verhaltensweisen des Kindes. Das Kind wird bei diesem Erziehungsstil nicht in Entscheidungen einbezogen. Die Eltern oder anderen Erziehenden sind alleinige Entscheidungsträger. Auch bekommt das Kind keine Erklärungen, weshalb etwas auf eine bestimmte Weise gehandhabt wird.
Beim autoritären Erziehungsstil können Eltern ein behütendes aber auch vernachlässigendes Verhalten gegenüber dem Kind an den Tag legen. Vor allem in der Nachkriegsgesellschaft war es üblich, autoritär zu erziehen. In der Erziehung ging es strenger und emotional kälter zu als heute. Auch der Einsatz von Strafen und Schlägen war in vielen Familien normal.
Der antiautoritäre Erziehungsstil nach Kurt Lewin
Deutlich moderner kommt da schon der antiautoritäre oder Laissez-faire Erziehungsstil daher. Er ist im Gegensatz zum autoritären Stil von einer sehr flachen Hierarchie zwischen erziehender Person und Kind geprägt. Hier gilt das Motto von Pippi Langstrumpf: Das Kind macht sich die Welt, wie sie ihm gefällt. Es gibt keine Regeln, keine Grenzen, keine Strafen. Alles ist erlaubt. Die Eltern betrachten das Kind bei diesem Erziehungsstil als vollwertigen Menschen mit allen Rechten. Daher sind Selbstbestimmung, Selbsterfahrung und Freiheit die maßgeblichen Werte in der Erziehung. Die Persönlichkeit des Kindes soll sich frei entfalten können, sodass es zu einem selbstbestimmten und selbstbewussten Erwachsenen heranreift.
Der demokratische Erziehungsstil nach Kurt Lewin
Der letzte der Erziehungsstile nach Kurt Lewin ist der demokratische Erziehungsstil. Dieses Konzept klingt für moderne Mütter ganz stimmig, weil es gut in unsere Zeit und Kultur passt. Der demokratische Stil nimmt die Zwischenstellung zwischen dem strengen autoritären und dem Laissez-faire-Stil ein.
Die Hierarchie zwischen Eltern und Kind ist bei diesem Erziehungsstil ebenfalls eher flach. Es dominiert das demokratische Prinzip der Gleichberechtigung. Daher wird auch das Kind in seinen Sichtweisen berücksichtigt und in viele Entscheidungen mit einbezogen. Das Ziel ist auch hier, dass es sich zu einem selbstständig denkenden Erwachsenen entwickelt. Dennoch werden dem Kind klare Regeln vermittelt, die es einzuhalten gilt. Innerhalb dieser Regeln gestehen die Eltern ihm aber viel Freiraum zu. Typisch demokratisch: Innerhalb der Familie wird viel kommuniziert, erklärt, diskutiert.
Erziehungsstile nach Baumrind
In den 1960er Jahren entwickelte die US-amerikanische Psychologin Diana Baumrind ein das die spätere Forschung und Pädagogik prägendes Konzept von Erziehung. Sie unterschied zwischen:
- autoritärem Erziehungsstil
- autoritativem Führungsstil
- permissiver Erziehung
- vernachlässigender Erziehung
Der autoritative Erziehungsstil nach Baumrind
Der autoritative Erziehungsstil nach Baumrind ist wie der autoritäre Stil mit klaren Regeln verbunden. Er geht allerdings mit weniger Kontrolle und Beschränkungen für das Kind einher. Vater und Mutter stehen dem Kind emotional sehr nahe. Sie leiten es liebevoll an, bieten Hilfe an, wenn es sie benötigt. Auch Erklärungen stehen bei dieser Erziehungsmethode hoch im Kurs. Denn die Eltern wollen ihrem Kind die rationalen Gründe für eine Entscheidung verständlich machen. Die Sichtweise des Kindes wird hier in vielen Fällen berücksichtigt. Allerdings haben beim autoritativen Stil die Eltern das letzte Wort. Wenn sie meinen, ihre Entscheidung sei richtig, erwarten sie vom Kind, die Entscheidung zu akzeptieren und sich dementsprechend zu verhalten. Der autoritative Erziehungsstil lässt sich am ehesten mit dem demokratischen Stil von Lewin vergleichen.
Der permissive Erziehungsstil nach Baumrind
Des Weiteren hat Baumrind den permissiven Erziehungsstil deklariert. Dieser ist mit Lewins Laissez-faire-Stil vergleichbar, vielleicht etwas weniger extrem. Hier gibt es nur wenig Kontrolle und Beschränkungen für das Kind. Forderungen werden hier ebenso wenig gestellt. Im Zentrum steht vielmehr eine sehr warmherzige Eltern-Kind-Beziehung, in der die Bedürfnisse des Kindes stets im Blick behalten werden. Die Eltern zeigen sich ausgesprochen nachgiebig, bestrafen gar nicht und verwöhnen ihre Kinder über die Maßen („permissiv-verwöhnender“ Stil).
Der vernachlässigende Erziehungsstil nach Baumrind
Der vernachlässigende Erziehungsstil nach Baumrind steht dazu im absoluten Gegensatz. Er ist zwar auch von einer schwachen Kontrolle geprägt, allerdings besteht hier kaum ein Interesse am Kind. Die Eltern unterstützen das Kind kaum und bringen ihm gegenüber nahezu keine Wärme auf. Kinder, die eine solche Eltern-Kind-Beziehung erfahren, bleiben überwiegend sich selbst überlassen und weisen jede Menge Defizite in der Persönlichkeitsentwicklung auf.
Der flexible Erziehungsstil
Eltern können sich konsequent auf einen Erziehungsstil festlegen oder verschiedene Erziehungsstile kombinieren. Dies ist beim flexiblen Stil der Fall. Bei dieser sehr jungen Erziehungsmethode greifen Eltern je nach Situation entweder auf den autoritären, demokratischen oder Laissez-faire Erziehungsstil zurück. Ein Beispiel für den flexiblen Erziehungsstil ist, dass Eltern, wenn ein Kind etwas geklaut hat, mit ihrem Kind schimpfen und eine Form der Bestrafung wählen (autoritärer Stil). In der nächsten Situation – zum Beispiel wenn entschieden werden soll, wie der Tag mit der Familie gestaltet wird – darf sich dann das Kind wieder durchsetzen (demokratischer Stil).
Verwendest Du bei Deinem Kind den flexiblen Stil, schaust Du immer wieder neu, welche Erziehungsmethode für den Moment die jeweils richtige ist. Hauptsächlich orientiert sich diese Methode aber an der demokratischen Erziehung.
Die Helikopter-Erziehung
Wenn Eltern ihre Kinder überbehüten, sich in alle Belange einmischen und jedes Hindernis aus dem Weg räumen wollen, spricht man von den sogenannten „Helikopter-Eltern“. Diese Erziehungsmethode gehört streng genommen nicht zu den klassischen Erziehungsstilen. Dennoch fallen offenbar viele moderne Eltern in diese Kategorie, weshalb auch diese Form der Erziehung Erwähnung finden sollte. Unter Helikopter-Eltern verstehen pädagogische Fachkräfte jene Eltern, die ihr Kind permanent mit Argusaugen überwachen und sich ständig in alle Lebensbereiche des Kindes einmischen. Einem Hubschrauber gleich kreisen sie stets knapp über ihrem Sprössling und räumen jedes noch so kleine Problemchen für ihn aus der Welt.
Natürlich sind Interesse am Kind, Fürsorge und Hilfestellung Merkmale einer positiven Erziehung. Doch schießen Helikopter-Eltern deutlich übers Ziel hinaus. Sie gestehen ihrem Kind keinerlei Freiraum zu. Du glaubst, Du könntest eine dieser gefürchteten Helikopter-Mütter sein? Dann schau Dir an, welche Merkmale diese Eltern teilen. Helikopter-Eltern:
- sind kontrollsüchtig: Sie wenden sich sehr oft an die Bezugspersonen in Kita, Schule oder Sportverein
- haben hohe Erwartungen an das Kind und empfinden kindlichen Misserfolg als persönliches Versagen (bauen enormen Leistungsdruck auf)
- takten den Tag ihres Kindes voll durch, sodass fürs freie Spiel kaum Zeit bleibt
- fallen durch Überängstlichkeit auf und stehen dem Kind bei jedem kleinen Problem zur Seite
- beeinflussen das Kind hinsichtlich der Wahl der Freunde
- fahren ihr Kind überall hin, selbst, wenn es den Weg allein meistern könnte
- kommen jedem Wunsch ihres Kindes nach
- spielen immer mit ihrem Kind (zum Beispiel auf dem Spielplatz), statt es mit anderen Kindern spielen zu lassen
- verhindern, dass das Kind Aufgaben – zum Beispiel im Haushalt – übernimmt (Kind hat keine Pflichten)
Welcher Erziehungsstil ist am besten für mein Kind?
Der anleitend-liebevolle Erziehungsstil – günstig
Natürlich wollen die meisten Mütter und Väter in der Erziehung alles richtig machen. Doch woher weißt Du, wie die richtige Erziehung aussieht? Was sagen die Fachleute dazu? In der modernen Pädagogik favorisiert man mehrheitlich den flexiblen Erziehungsstil mit Schwerpunkt auf dem demokratischen Stil. Denn dieser hält der Praxis stand und lässt Kinder in der Regel zu selbstbestimmten, selbstständig denkenden und sozialen Menschen heranreifen.
In Studien hat sich gezeigt, dass das autoritative bzw. demokratische Erziehungsverhalten, das mit ausgeprägter Kontrolle, Anleitung und einer großen emotionaler Wärme einhergeht, Kinder effektiv vor etwaigem Problemverhalten wie einem Suizidversuch im Jugendalter schützen kann. Autoritativ bzw. demokratisch erzogene Kinder sollen laut Studien auch die besseren kognitiven Leistungen erbringen als jene, bei denen andere Stile eingesetzt wurden. Sie würden im Schnitt weniger unter Ängstlichkeit leiden, ein gesünderes Selbstbewusstsein sowie bessere soziale Kompetenzen haben. Mit dem demokratischen Erziehungsstil bekommen Kinder also beste Chancen, sich zu individuellen, sozial kompetenten und leistungsfähigen Persönlichkeiten zu entwickeln.
Einziger Wermutstropfen: Der demokratische Erziehungsstil kann in der engen Taktung des Alltags eine große Herausforderung sein. Dem Kind in jeder Situation alles zu erklären und auf jedes seiner Bedürfnisse einzugehen, ist ein anspruchsvolles und nervenaufreibendes Unterfangen.
Der autoritäre Erziehungsstil – eher ungünstig
In Studien fanden Forscher heraus, dass autoritär erzogene Kinder im Erwachsenenalter häufig Probleme mit dem Selbstwertgefühl und ein negatives Selbstbild hatten. Sie würden offenbar nur schwach ausgeprägte Fähigkeiten im sozialen Bereich entwickeln. Zudem neigten sie als Erwachsene stärker zu Aggressionen und Intoleranz als Menschen, die mit dem demokratischen Stil groß geworden sind. Auch sollen autoritär erzogene Kinder eher Probleme damit haben, selbstständig zu werden als beispielsweise demokratisch oder antiautoritär erzogene Kinder. Offenbar können zu viele Regeln den Prozess des Selbstständigwerdens hemmen.
Autoritär erzogene Kinder entwickeln laut mehreren Studien verstärkt Ängstlichkeit und entfalten ihre individuelle Persönlichkeit nicht so stark wie etwa demokratisch oder antiautoritär erzogene Kinder. Dennoch: Es gibt auch Studien, die darauf hinweisen, dass ein Kind davon profitiert, wenn ein Elternteil autoritär erzieht und der andere zum Beispiel antiautoritär. Dieser Mix soll das Kind günstiger beeinflussen, als wenn beide Elternteile einen sanfteren Erziehungsstil verfolgen.
Die antiautoritäre Erziehung – eher ungünstig
Wenn Eltern ihren Kindern nie Grenzen setzen, können aus den vermeintlich freien Kindern schnell unangenehme Egoisten werden. Das Problem mit dem Laissez-faire: Das Kind lernt, das Leben immer nur aus seiner Perspektive zu betrachten. Stets stehen seine Bedürfnisse und Interessen im Vordergrund. In seiner Entwicklung wird es somit kaum befähigt, Kompromisse einzugehen und kann sich so nur unzureichend zu einem sozialen Wesen entwickeln. Da sie in ihrem Verhalten nicht korrigiert werden, besteht bei antiautoritär erzogenen Kindern die Gefahr, dass sie nicht lernen, wie man respektvoll und rücksichtsvoll mit anderen Menschen umgeht.
Auch lernt ein antiautoritär erzogenes Kind nicht, mit Absagen und Rückschlägen umzugehen. Es bekommt ja immer seinen Willen. Doch im Leben kommt es immer wieder zu Situationen, die man sich anders gewünscht hätte. Daher ist es wichtig, auch mit Situationen zurechtzukommen, in denen es nicht so läuft, wie man es sich vorstellte. Häufig sind Kinder auch mit dem Laissez-faire-Stil überfordert, weil sie Dinge entscheiden sollen, für die sie noch nicht die nötige Reife besitzen.
Die Helikopter-Erziehung – nicht günstig
Bei aller gut gemeinten Fürsorge der Helikopter-Eltern: Die Autonomieentwicklung des Kindes kommt bei diesem Führungsstil eindeutig zu kurz. Kinder von Helikopter-Eltern laufen Gefahr, sich als Erwachsene nicht selbstständig zurechtzufinden. Denn ihre Eltern lassen nicht zu, dass sie lernen, wie man Probleme im Leben adäquat angeht und löst. Treten dann mal welche auf, wissen sie gar nicht, wie sie damit umgehen sollen. Nur wer einmal gelernt hat, eine schwierige Situation selbst zu meistern, kann auch zuversichtlich sein, dies in Zukunft zu schaffen. Die überbehütenden Eltern vermitteln ihrem Kind permanent das Gefühl, es sei nicht dazu in der Lage, ein Hindernis kompetent zu überwinden.
Die Helikopter-Eltern übernehmen auch die meisten Entscheidungen für das Kind. Doch muss es auf dem Weg zum Erwachsenwerden eben auch lernen, wichtige Entscheidungen allein zu treffen. Schließlich muss das Kind im Erwachsenenalter auch in der Lage sein, seinen Lebensweg selbst zu gestalten. Unter diesen mangelhaften Autonomieerfahrungen kann das Selbstwertgefühl eines jungen Menschen leiden. Unter dem ständig präsenten Helikopter fehlt dem Kind die Luft zum Atmen. Es kann sich nur sehr schwer zu einer starken und unabhängigen Persönlichkeit entwickeln.
Doch die Helikopter-Erziehung ist nicht nur für das Kind ungünstig. Auch die Eltern zahlen einen hohen Preis für diese Erziehungsmethode. Schnell kann ihnen vor lauter Organisation und Überkontrolle die Puste ausgehen. Dieser Erziehungsstil bedeutet vor allem eines: Stress für alle Beteiligten.
Der vernachlässigende Erziehungsstil – absolut ungünstig
Doch bei aller Herumhackerei auf den Helikopter-Eltern. Es gibt einen Erziehungsstil, der noch weitaus schlimmer für ein Kind ist: der vernachlässigende Erziehungsstil. Erfährt ein Kind weder Fürsorge noch Liebe noch Anleitung, ist die Wahrscheinlichkeit für persönliche Defizite und problematische Verhaltensweisen groß. Vernachlässigte Kinder fallen oft durch Verhaltensprobleme wie unsoziales, aggressives Verhalten oder sozialen Rückzug auf. Auch ist ihr Selbstwertgefühl häufig gering ausgeprägt und sie sind in ihrer intellektuellen Entwicklung weit zurück.
Diese Kinder haben im Erwachsenenalter häufig Probleme damit, den Anforderungen der Gesellschaft und des Berufs gerecht zu werden. In der Regel wählt diesen Erziehungsstil niemand freiwillig. Nur Eltern mit großen psychischen Problemen und in extremen Lebensumständen praktizieren diesen ungünstigsten aller Erziehungsstile.
Welche Faktoren beeinflussen die Wahl des Erziehungsstils?
Welches Erziehungsverhalten Eltern für ihr Kind wählen, ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Dazu gehören:
- die ökonomische Situation (Einkommen)
- die prägende Kultur und die gesellschaftlichen Werte
- das Bildungsniveau
- das Intelligenzniveau
- die eigenen Wertvorstellungen
- die eigene Erziehung durch das Elternhaus
- die Zahl der schon vorhandenen Kinder
- der Familienstand (zum Beispiel alleinerziehend)
- das Alter der Mutter
- das Selbstwertgefühl
- das Temperament des Kindes
Ist die Wahl des Erziehungsstils abhängig vom Bildungsgrad?
Günstige Erziehungsstile wie der demokratische Stil werden vor allem von Menschen gewählt, die der Erziehungsaufgabe gewachsen sind. Sie verfügen oft über ein hohes Bildungsniveau und einem überdurchschnittlichen Einkommen. Hingegen greifen bildungsferne, arme und kinderreiche Eltern eher auf den autoritären Stil zurück. Wenn die Mutter zum Beispiel ein junges Alter hat, wenig gebildet ist und vielleicht auch noch alleinerziehend und arm, ist die Gefahr groß, sich für einen eher ungünstigen Erziehungsstil zu entscheiden. Ihr fehlen dann neben der entsprechenden Bildung schlicht die ökonomischen Voraussetzungen dafür, ein Kind beispielsweise demokratisch zu erziehen.
Doch auch gebildete Eltern, die zu viel arbeiten, können in der Erziehung ihres Kindes den falschen Stil verfolgen. Wenn sie zwar viel Geld verdienen, aber vor lauter Arbeit überhaupt keine Zeit mehr für ihr Kind finden (vernachlässigender Stil), wird sich das negativ auf dessen Entwicklung auswirken. Da hilft dann auch eine gute ökonomische Situation nicht weiter.
Die Wahl des Erziehungsstils ist abhängig von Kultur und Elternhaus
Im Allgemeinen orientieren sich Eltern bei der Wahl ihres Erziehungsverhaltens an der jeweiligen Kultur ihres Landes. Das sieht man daran, dass sich heute, in unserem liberalen Land, sehr viele Eltern für den demokratischen, den Laissez-faire-Stil oder den flexiblen Erziehungsstil entscheiden. In einem autoritären Regime wie in China hingegen ist vor allem eine strengere Erziehung verbreitet. Aus westlicher Perspektive wird dort mehrheitlich eine autoritäre Erziehung verfolgt.
Auf der anderen Seite spielt auch die Herkunftsfamilie der Eltern eine Rolle bei der Wahl des Erziehungsstils für das eigene Kind. Sehr häufig wird beobachtet, dass die Kinder so erzogen werden, wie es die Eltern selbst erlebt haben. Der Mensch lernt eben am Vorbild. So geben viele Eltern bewusst oder unbewusst auch den Erziehungsstil ihrer Eltern an die eigenen Kinder weiter.
Die Wahl des Erziehungsstils ist abhängig vom Temperament des Kindes
Nicht zuletzt entscheidet auch das Temperament eines Kindes darüber, welcher Erziehungsstil in einer Familie zum Einsatz kommt. Ein wildes, widerspenstiges Kind oder gar ein Kind mit ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung) erfordert ein anderes Verhalten seitens der Eltern als ein ruhiges, folgsames Kind. Hier müssen meist mehr Regeln aufgestellt und deren Einhaltung muss konsequenter durchgesetzt werden. In dem Fall scheinen klare Ansagen ohne übermäßige Diskussionen die bessere Strategie zu sein.
So gelingt Dir bei Deinem Kind der demokratische Erziehungsstil
Tipp 1: Liebevoll und erklärend Grenzen setzen
Wenn Du den demokratischen Erziehungsstil anwenden möchtest, ist es wichtig, dass Du Deinem Kind auf Augenhöhe begegnest. Du siehst ihn als vollwertigen kleinen Menschen mit allen Rechten und Pflichten an. Du leitest Deinen Schützling liebevoll an, bietest in Problemlagen Unterstützung an lässt ihm viel Spielraum für eigene Erfahrungen und Interessen. Die Freiheit Deines Kindes endet dort, wo die eines anderen Menschen anfängt. Daher gehört das „Nein“ zu einer demokratischen Erziehung dazu. Verhält sich Dein Kind unsozial, solltest Du dies nicht ignorieren, sondern mit ihm darüber sprechen, wie man den Konflikt friedlich beilegen kann.
Tipp 2: Selbstwertgefühl stärken
Pass auf, dass Du bei Deinem Kind nicht nur auf seine Schwächen und sein Fehlverhalten schaust. Sprich mit ihm viel über seine Stärken, Errungenschaften und positiven Verhaltensweisen. Lobe es immer dann, wenn es etwas gut gemacht hat. Das stärkt sein Selbstbewusstsein und lässt ein gutes Selbstwertgefühl entstehen. Achte darauf, zwischen Deinem Kind als Person und seinem Verhalten zu unterscheiden. Sag zum Beispiel, wenn etwas schiefgegangen ist: „Du hast Dich gerade ungeschickt verhalten.“ Das klingt ganz anders als: „Du bist aber ungeschickt“. Wenn Du immer wieder die Person statt ihres Verhaltens kritisierst, dann wertest Du den Menschen als Ganzes immer wieder neu ab.
Tipp 3: Regeln und Forderungen erklären
Wichtig beim demokratischen Erziehungsstil ist es, dem Kind zu erklären, warum man eine Forderung stellt oder eine Regel eingehalten wissen will. So klingt ein: „Heute müsst ihr früh ins Bett, weil wir morgen viel zu erledigen haben“ in Kinderohren ganz anders als die plakative Aussage: „Kleine Kinder dürfen nicht so lange aufbleiben. Ab ins Bett!“ Wenn Kinder den Grund verstanden haben, warum sie etwas tun sollen, können sie die Forderung besser nachvollziehen und wehren sich nicht so sehr dagegen.
Tipp 4: Kommuniziere Deine Grenzen
Auch Du als Mutter bist keine Heilige. Jeder hat mal Momente, in denen seine Nerven dünn wie Zahnseide sind. Damit es nicht zum Streit kommt, kommuniziere Deinem Kind rechtzeitig, dass Du im Moment zu erschöpft für eine Entscheidung oder ein offenes Ohr bist. Das geht natürlich nur bei älteren Kindern. Vertage wenn möglich das Gespräch auf eine Minute, in der Du neue Kräfte gesammelt hast. Manche Familien machen einen festen Wochentag aus, an dem wichtige Anliegen offen besprochen werden.
Tipp 5: Ich-Botschaften statt Vorwürfe
Reagiert Dein Kind emotional, versuche es gelassen zu nehmen. Und: Nimm die Emotionen Deines Kindes ernst. Ist es zum Beispiel am Meckern, weil es etwas nicht darf, könntest Du sagen: „Ich verstehe, dass Du sauer bist, weil ich Dir das nicht erlaube.“ Fühlt Dein Kind sich verstanden, ist die Sache oft nur noch halb so groß. Wenn Du wegen der Trödelei Deines Kindes zu spät zur Arbeit kommst, kannst Du statt „Nun komme ich wegen Dir zu spät zur Arbeit“ sagen: „Ich ärgere mich, weil ich jetzt zu spät zur Arbeit komme.“ Lässt Du den Vorwurf weg, vermeidest Du das Entstehen eines Hierarchiegefälles und von Schuldgefühlen. Beim egalitären (demokratische) Erziehungsstil versucht man immer mit möglichst viel Gleichheit, Liebe und Verständnis zu arbeiten.
Was sind Erziehungsziele?
Die Erziehung eines Kindes dient verschiedenen Zielen. Dazu gehören:
- das Kind auf die Selbstständigkeit vorzubereiten (Autonomie)
- das Kind darauf vorzubereiten, seinen individuellen Lebensweg zu beschreiten (starke Persönlichkeit, Durchsetzungsvermögen fördern)
- dem Kind Verantwortungsbewusstsein zu vermitteln
- dem Kind den richtigen Umgang mit Geld zu lehren (Sparsamkeit)
- die Gesundheit des Kindes bestmöglich aufrechtzuerhalten
- die psychische Gesundheit des Kindes zu fördern (Fürsorge, Liebe, Wertschätzung)
- für die Sicherheit des Kindes zu sorgen (z.B. durch ein stabiles Umfeld und Struktur)
- seine intellektuellen Fähigkeiten zu fördern
- die sozialen Fertigkeiten des Kindes zu fördern (Mitgefühl, Einfühlungsvermögen)
- dem Kind Konsequenzen (etwa von Entscheidungen) zu vermitteln
- Werte wie Hilfsbereitschaft, Ehrlichkeit, Toleranz, Respekt, Ehrgeiz und Mut zu vermitteln